Neuronale Netze in urheberrechtlicher Rechtsprechung

"The Times Sues OpenAI and Microsoft Over A.I. Use of Copyrighted Work": 2024 bringt womöglich vielerorts die wegweisende und konsequenzenreiche Rechtsprechung zu der Frage, ob die "Benutzung" der geschützten Werke für Training der neuronalen Netze eine urheberrechtliche Nutzungsart (zustimmungsbedürftige Handlung) darstellt.

Traditionell tendiert das Common Law, die Schutzbereiche der Verwertungsrechte weiter zu definieren, als der römisch-germanische Rechtskreis. So ist das bloße Ausführen von Software auf einem Rechner (und das hierzu erforderliche Zwinschenladen in RAM) in kontinentalen Rechtssystemen genau so wenig eine urheberrechtliche Nutzungsart, wie das Lesen eines Buches. Das Durchdringen von aus US-Perspektive definierten (obwohl auch dort rechtlich umstrittenen) "End-user license agreements" in den Alltag sorgt interessanterweise für eine genau umgekehrte Parallelwertung in der Laiensphäre, welche an die Existenz von "Softwarelizenzen" für Endnutzer glaubt (und an eigentlich stattfindenden Softwarekauf gerade nicht).

Und dann existiert noch die zweite aus wirtschaftlicher Perspektive große 2024-Frage im Zusammenhang mit den neuronalen Netzen: sind diese selber schutzfähig? Aus den allgemeinen Grundsätzen des Urheberrechts, wonach nur die persönliche geistige Leistung eines Menschen geschützt wird, ließe sich ein eindeutiges Nein ableiten. Denn die neuronalen Netze sind genauso maschinell generiert, wie auch deren Output. Die Investitionsmengen im Zusammenhang mit dem Training sind aber so riesig, dass die Gerichte wohl eine Versuchung hätten, zumindest auf den Umwegen Schutz zu gewähren (Grüße an UWG!)

Die Stimme von Eben Moglen in meinem Kopf, welche mich 2006 - for better or worse - in die Juristerei führte, singt natürlich "diu bant mac nieman vinden, diu mine gedanke binden"
und so hoffe ich, dass die Gedanken Copyright-frei bleiben: ob als Bestandteil, Input oder Output eines neuronalen Netzes.

Frohes neues Jahr 2024! 🎄🎄🎄

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